Fischer von Mueß beim Fang auf dem Schweriner See © Landeshauptstadt Schwerin/Volker Janke
Fotografien von Holger Rüdel und Volker Janke
Sonderausstellung im Kunstkaten des Freilichtmuseums für Volkskunde Schwerin-Mueß vom 8. April bis Ende Juni 2023. Öffnungszeiten: dienstags bis sonntags sowie an allen Feiertagen von 10 bis 18 Uhr.
Wie weiter mit dem Fisch…
Warum sprechen die Fischer vom Holm in Schleswig an der Schlei und die Mueßer Fischer vom Schweriner See von einer Zeitenwende? Welchen Herausforderungen haben sich die wenigen verbliebenen Fischer zu stellen? Woher kommt der Fisch, den wir so gerne essen, und wie sorgen sich die Fischer um den Erhalt einer durchaus begrenzten Ressource? Schaffen sie es überhaupt noch, sich und ihre Familien zu ernähren?
Ist die Fischerei inzwischen ein lebendiges Kulturgut, das bald nur noch in Museen bestaunt werden kann? Fragen, denen zwei engagierte Mitglieder der Deutschen Gesellschaft für Photographie (DGPh) auf verschiedenen Wegen und auf unterschiedlichen Gewässern nachgegangen sind.
Die Ausstellung im Kunstkaten des Freilichtmuseums gewährt exklusive Einblicke in einen alten Berufszweig, der nicht nur in Mueß vor großen Herausforderungen steht. In der Gemeinschaftsausstellung „Zeitenwende: Die Fischer an Schlei und Schweriner See“ wird dabei auch der besondere Stolz der Mueßer Dorfschaft auf ihren Fischereihof Eberwein sichtbar.
Der Fotograf und Autor Holger Rüdel betitelte nicht zufällig sein bereits 2021 erschienenes Fotobuch „Zeitenwende - Die Fischer vom Holm in Schleswig an der Schlei“. Durch die Kraft exzellenter und bedeutungsgeladener Schwarz-Weiß-Fotografien gelingt es Rüdel, einen schwindenden Berufsstand zu porträtieren, der jahrhundertelang unzählige Familien an einem Seitenarm der Ostsee ernährte.
Ausstellungskurator Volker Janke ließ sich von den Arbeiten seines Kollegen Holger Rüdel inspirieren und ging seinerseits als Fotograf mit den Mueßer Fischern auf Beutefang. Es entstand eine bildgewaltige Dokumentation des hiesigen Fischerhandwerks.
Die Zeiten in der Fischerei, sei es auf den Meeren, küstennah oder in Binnengewässern, haben sich gewendet. Ähnlich der Insektenwelt verzeichnet die Forschung dramatische Biomasse- und Artenverluste in den Meeren. Was für die Insekten an Land angenommen wird, gilt auch für die Korallen in den Meeren. Quoten, Abwrackprämien, Besatzmaßnahmen, Maschenweiten, Schonzeiten - die Liste der Reaktionen auf diese Entwicklungen ist lang. Und Volkskundler konstatieren: Bräuche leben mit ihren Brauchträgern, Fischer sterben mit ihren Fischen.
Wer hier einmal erleben durfte, wie Fischer Andreas Kühl erwartungsfroh zu seinen Netzen fährt, wer gerochen hat, wenn Räuchermeister Uli Marchewsky seine frisch gebrühten Aale in den Buchenrauch hängt, der kann mitreden, wenn es um einen schützenswerten Berufsstand und um regionale Identität geht. „Diese Fischerromantik darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass es uns Mueßer Fischern schon lange nicht mehr gelingt, mit unseren Fängen den Betrieb aufrecht zu erhalten. 95 Prozent unseres begehrten Angebotes müssen wir zukaufen“, berichtet Fischereichef Gerd Eberwein.
Das am Schweriner See gelegene Freilichtmuseum Schwerin-Mueß feierte 2020 sein 50-jähriges Gründungs-Jubiläum. Es hat während der letzten Jahre einen Teil des einstigen Domanial-, Bauern- und Fischerdorfs mitgeprägt: Jahrzehnte mussten die Besucher und Bewohner hier auf einen direkten Seezugang warten. Nach der BUGA 2009 konnte dieser gleich neben dem Fischereihof Mueß durch die Stadt Schwerin realisiert werden. Das Entwicklungskonzept für die Dorf- und Museumsanlage sieht außerdem eine öffentlich zugängliche Steganlage mit Fährverbindung nach Kaninchenwerder vor. Auch in Schwerin-Mueß wenden sich also die Zeiten.